Nord:
Steglitz

Die Villenkolonie Lichterfelde wird insbesondere im westlichen Teil besonders deutlich: eine denkmalgeschütztes Haus neben dem anderen. Zudem lohnt der Spaziergang, um interessante Einblicke in diverse Aspekte der deutschen Geschichte zu bekommen: von Homöopathischem Krankenhaus über Adolf Hitlers Leibstandarte bis zum KZ-Aussenlager.

Eine Denkmal-Villa neben der anderen

Bis heute noble Gartenstadt

Carstenns Pläne immer noch sichtbar

Bauunternehmer Johann Anton Wilhelm von Carstenn versprach den Bau einer Kadettenanstalt, um – oft adelige – Offiziere und zahlungskräftige Stände als Käufer zu für seine Gartenstadt zu gewinnen. Die Idee ging auf: Im Ersten Weltkrieg hieß die Gegend „Witwenfelde“ und bis heute sollen Einkommen und Bildung höher liegen als in anderen Vierteln der Hauptstadt. Und auch der Charakter als Villenkolonie ist hier immer noch besonders lebendig.

Entlang des Teltowkanals stoßen wir auf interessante Artefakte aus verschiednen Jahrhunderten.

Ungefähr 6 km nördlich Ihrer Unterkunft liegt das heutige Zentrum des ehemaligen Dorfes Steglitz. Der Name Steglitz taucht erstmals 1242 in einer Schenkungsurkunde auf: Heinrich von Stegelitze übereignete das Dorf Arnestorp (heute Ahrensdorf) dem Kloster Lehnin. Ob Gründer oder Namensgeber ist nicht klar. Im Märkischen bedeutet “Stygl” Abhang am Berg und “itz” steht für eine Ansiedlung. Anfang des 19. Jh. erwarb der preussische Minister Carl Friedrich von Heyme das Gut und Dorf Steglitz und es entstand die Siedlung Neu-Steglitz (Albrechtstr./BReite Str) und der Seidenhändler Johann Adolph Heise machte mit seiner Maulbeerplantage (Bergstr.) Steglitz zum bedeutendsten Seidenzentrum Preußens. Mit der Stammbahn von Berlin nach Potsdam, der ersten Eisenbahnstrecke Preußens, heute S1, und dem Bahnhof (1839), dessen repräsentativer Nachfolgebau 1965 abgerissen wurde. Seinen Aufschwung erlebte das Dorf mit seinen 200–300 Bewohnern durch den Bau der ersten gepflasterten Kunststrasse im Königreich Preussen zwischen Potsdam und Berlin. Bei der reichsweiten Nummerierung der Fernverkehrsstrassen 1932, dann 1934 wurde dies die Reichsstrasse Nr. 1, später die Bundesstraße 1. 

Bevor wir von der Unterkunft aus über den Ostpreussendamm und mit dem Fahrrad besser durch den Bäkepark ins Herz von Steglitz vorstossen, treffen auf den Steglitzer Kreisel (5,8 km) mit eben dieser Bundesstraße. Bei all dem Verkehr übersehen wir leicht die einsame Friedenseiche, die 1871 nach dem Deutsch-Französischen Krieg. In östlicher Richtung beginnt seit Anfang der 1970er die Stadtautobahn 103, die Verbindung zum Berliner Stadtring A100, in den die Bundesstraße 1 aufgeht. 


1Friedenseiche

Stele KZ-Aussenlager Lichterfelde

2Wrangel-Schlößchen

Das Gutshaus Steglitz (5,9 km; Schlossstraße 48), auch wegen seines zeitweisen Bewohners Wrangel-Schösschen genannt, ließ Baubeamter und Baureformer David Gilly in den Jahren 1795–1801 an dem einzigen markanten Knick der Provinzialchaussee Berlin–Potsdam auf dem Hof eines vorigen Rittergutes errichten. Seit 1923 denkmalgeschützt ist es einer der letzten Zeugnisse des preußischen Frühklassizismus. Kabinettsrat Carl Friedrich von Beyme kaufte den Rohbau und ließ es fertigstellen. Nach Beymes Tod verkaufte seine Tochter das Gebäude an den Staat. Dieser bot es verdienten Persönlichkeiten als Wohnort an, u.a. Generalfeldmarschall Friedrich Heinrich Ersnt Graf von Wrangel. Nach Wrangels Tod verkaufte der Staat die Immobilie und es kam zu verschiedenen Besitzerwechseln. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es ein Offiziersclub der Amerikaner (Lightning Lounge). 1958 kauft es die Stadt Berlin, die es 1992–1995 denkmalgerecht wieder herstellen ließ. Derzeit wird es für Ausstellung, Events, festliche Diners und Trauungen genutzt. 

Kapelle Parkfriedhof Lichterfelde

Platz des 4. Juli 1952

3Schloßparktheater

Blicken wir vom Kreisel nach Norden, sehen wir das Schlossparktheater (5,9 km, Schlossstr. 48). Gegründet 1804 zog es 1921 in den Wirtschaftstrakt des Wrangelschlössschen (s.u.). 1950 wurde es Teil des Schillertheater und dessen kleiner Spielstätte. Erst mit der Schließung der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin 1993 wir es privat mit staatlichen Zuschüssen privat betrieben.  Seit 2008 leitet es Dieter Hallervorden. Aber auch Samuel Becket selbst inszenierte sein Warten auf Godot hier. Hildegard Knef, Klaus Kinski und Peter Ustinov gehörten einst zum Ensemble. schlossparktheater.de

  


Platz des 4. Juli / Vierter Ring und ehemaliges Telefunken-Werk

4Matthäuskirche

Als Ersatz für zu kleine Steglitzer Dorfkirche aus dem 12. Jahrhundert im alten Dorfkern Steglitz errichtet, versorgte ab 1880 die Matthäuskirche. Gemeinde mit seelischer Betreuung. Die dreischiffige Hallenkirche an der Schlossstr. 44 plante der Architekt Emil Gette in märkischer Backsteingotik. 1893 wurde die Steglitz eine von Giesensdorf unabhängige Gemeinde, in der dann auch die Auseinandersetzung zwischen den reichstreuen Deutschen Christen und der Bekennende Kirche geführt wurde. Durch Luftangriffe beschädigt diente es als Möbellager, bevor ab Juli 1943 wieder Gottesdienste möglich waren. Das 1930 erbaute Gemeindehaus nach Otto Rudolf Salivsberg. Ein Flügel dient als Reservelazarett der Wehrmacht.


5Deutsches Blindenmuseum

Das Deutsche Blinden-Museum (6,1 km; Rothenburgstraße 14, 12165 Berlin) wurde als Königliche Blindenanstalt zu Steglitz 1890 gegründet. Geöffnet mittwochs 15–18 Uhr. +49 30 79 70 90 94. Der Eintritt ist frei, Spenden erbeten. 


6Baptistenkirche


7Schwartzsche Villa

Die Schwartzsche Villa (6,3 km; Grunewaldstr. 54–55) erbaute 1898 die Bankiersfamilie Carl Schwartz und beauftragte dazu den Architekten Christian Heidecke, der auch schon das Haus von Max Liebermann am Pariser Platz entworfen hatte. Nach seiner Pensionierung nutzte Schwartz es als Sommerhaus, später seine Kinder als Wohnhaus. Bei Luftangriffen am Ende des II. WK kamen die letzten Familienmitglieder um, so dass das Haus leer stand. Nach verschiedenen Zwischennutzungen erwarb es die Stadt Berlin, ohne jedoch ihre Rathauserweiterungspläne umzusetzen. Demnach nutzten Studenten und diverse Wohngemeinschaften das Haus, ehe die Kulturinitiative Lankwitz sich für den Erhalt und Umbau als Kulturzentrum einsetzte. 1983 unter Denkmalschutz gestellt und mit zehn Millionen Euro finanziert, bietet die Villa seit 1995 Ausstellungen, Theaterstücke und auch Werkstätten, Fotolabor und Proberäume an. Im Erdgeschoss bildet das Café Schwartzsche Villa Menschen mit Behinderung zu Tarifbedingungen aus. Mo-So 10:00–22:00. cafe-schwartzsche-villa.de.

). 


8Rathaus Steglitz

Das Rathaus Steglitz, Ende des 1898 neogotisch erbaut, rot mit Ziegeln, begann als repräsentative Verwaltung des größten Dorf Preußens. Im Ratskeller gründete 1901 Karl Fischer 1901 die Jugendbewegung Wandervögel. Von 1920 bis 2000 beherbergte es die zentrale Verwaltung und seit Verschmelzung des Bezirks mit Zehlendorf nur noch Teile der Verwaltung und das Bürgeramt.


Johannes-Kirche in Lichterfelde-West

9 Herrmann-Ehlers-Platz

Das heutige Zentrum von Steglitz bildet der Hermann-Ehlers-Platz (6 km) zwischen Schlossstraße, Ablbrechtstraße und Düppelstraße. Hermann Ehlers (1904–1954) engagierte sich für CDU, diente als Bundestagsabgeordneter und Präsident des Deutschen Bundestages. Aufgrund seiner ehrenamtlichen und anwaltlichen Tätigkeit für die Bekennende Kirche entließ ihn das Dritte Reich aus dem Staatsdienst. Der Wochenmarkt bietet Di/Do/Sa 08:00–14:00 vor allem frisches Obst und Gemüse, doch auch sonstiges Allerlei.

Auf dem Platz finden sich zusätzlich zum Brunnen einen neun Meter lange und 3,5 m hohe Spiegelwand mit 1758 Namensgravuren für die deportierten und ermordeten Mitglieder der jüdischen Gemeinde. 


Rother-Stift in Lichterfelde

10Synagoge Steglitz

Die Synagoge mit konservativem Ritus befand sich in der Düppelstraße 41. Das Gotteshaus entstand aus einem Stall desTextilkaufmanns Moses Wolfenstein, den er 1897 ausbauen ließ. Anfang der 1930er zählte die Gemeinde ca. 4.000 Mitglieder. In der Reichskristallnacht verwüsteten und schändeten SA- und SS-Leute die Synagoge. Durch Bomben 1943 leicht beschädigt wird es nicht mehr als Synagoge genutzt. Nur ein Fries mit zwei Löwen und eine Tafel mit den Zehn Geboten in hebräischer Schrift erinnern noch an die einstige Funktion. Eine zivilgesellschaftliche Initiative erreichte, dass das Gebäude 1989 unter Denkmalschutz gestellt wurde.


11Rosenkranzbasilika

Ein paar Meter der Schlossstraße in nordöstlicher Richtung folgend, stoßen wir auf die rechts abzweigende Kieler Straße 11, in der dann linker Hand dunkel die Rosenkranzbasilika (6,3 km) aufragt. Nach dem Vorbild frühbyzantinischer Kuppelkirchen erbaut, wurde sie den Bischofssitz nach dem Zweiten Weltkrieg zur Basilika. Das Gotteshaus beeindruckt durch sein umfangreiche Ausmalung vor allem in Temperaatechnik durch Friedrich Stummel und dessen Schülern Theodor Nüttgen und Karl Wenzel. Wandbemalung und Altarretabel thematisieren Maria und die 15 Geheimnisse des Rosenkranzes. Hinzu kommen Holzreliefarbeiten. Alles ist im Original erhalten, da die Kirche nicht durch Kriegsbomben beschädigt wurde. Familienmesse: So 09:30, Hochamt 11:00.  rosenkranz-basilika.de


12Bierpinsel

olgen wir vom Rathaus der Schlossstraße aus hingegen nach Nordosten, entlang vielen verschiedenen Einzelhandelläden, Filialen und Ketten ragt auf Höhe der Schildhornstraße an der Überführung unübersehbar ein Popart-Bau der 1970er Jahre auf – im Volksmund der Bierpinsel (6,8 km). 1976 als Restaurant eröffnet, sollte es den dominanten Auftreten der Hochstraße abmildern und in eine Stadtarchitektur einbinden. Die Besitzer wechselten häufig, oft stand es leer. Nun sollen nach Umbau Co-Working Spaces einziehen. Seit 2017 steht das 47 m hohe Werk der Architekten Ralf Schüler und Ursuline Schüler-Witte (auch Urheber des ICC) unter Denkmalschutz.


Kunsthaus Achim-Freyer-Stiftung

13Titania-Palast

Noch ein paar Meter weiter die Schlossstraße entlang befindet sich der Titania-Palast (7,2 km), 1928 im Stil der Neuen Sachlichkeit mit seinem 30 m hohen Beleuchtungsturm als architektonische Sensation eröffnet. Am 4. Dezember 1948 gründet sich hier im Beisein der Westalliierten Stadtkommandanten der die Freie Universität Berlin. Im Jahr 1951 war es Austragungsort der ersten Internationalen Filmfestspiele Berlins. Heute ist es ein Multiplex-Kino. cineplex.de/berlin-titania/


14Patmoskirche


15 Bismarck-Viertel


16 Lukaskirche

 


17 Feuerwache Steglitz

Die Feuerwache Steglitz (5,4 km; Südendstraße 18a)ist eine der vielen Bauten, die der Architekt Fritz Freymüller (1882–1950) im Berliner Südwesten entwarf. 1924–1926 für 20 Feuerwehrleute konzipiert, versehen heute 60 dort ihren Dienst. Ein geplanter Neubau an derselben Stelle wurde 1994 man ersten Bautag gestoppt, so dass wir nach Grundsanierung 1999 heute noch das Original sehen können.


18 Friedhof Steglitz

 


19
Planetarium am Insulaner


Steglitz Museum

20Markuskirche

 


21 Marktplatz


22Stadpark Steglitz


21 Bäkepark