Südwest:
Güterfelde

Bekannt für sein Schloss laden jedoch insbesondere der Güterfelder Haussee und die Güterfelde Heide zur Naherholung ein. Ein Gang über den Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde lohnt dabei ebenfalls.

Ausserhalb von Berlin und doch damit verbunden

Eng mit dem Schloss verzahnt

– die Geschichte des Dorfes

Die reiche Elite Berlins liess sich hier nieder oder wieder herstellen – in den Zeiten als Berliner Sanatorium. Die damalige Wahl als Erholungsort ist auch. heute noch gegeben: ob nun Haussee oder Wanderung bzw. Radtouren durch die Heide – Entschleunigung ist garantiert. Und erst recht, wenn man sich beim Gang über den Waldfriedhof die Vergänglichkeit ins Bewusstsein ruft.

Karte Südwest von Berlin Güterfelde Sehenswürdigkeiten
Wenige Highlights, dafür viel Natur.

An der Handelsroute Leipzig–Spandau gelegen wird 1263 „Jutergotz“ erstmals urkundlich erwähnt, als das Kloster Lehnin das slawische Angerdorf erwirbt. Allerdings gab es gleichzeitig verschiedene Besitzer von Abgabenrechten über die Jahrhunderte gegeben zu haben, die erst wohl 1700 all zum Amt Potsdam kamen. Ein Überfall magdeburgsicher Raubritter 1411 schien verheerend gewesen zu sein und auch ein weiterer Überfall seitens Teltower Leineweber 1615. Erst recht wirkte sich der Dreißigjährige Krieg auf Güterfelde aus, den offenbar nur der Viceschulze, drei Bauern und drei Kötter überlebt haben. Ebenso muss der Rittersitz schwer beschädigt worden sein, da ein kurfürstlicher Konsens den Wiederaufbau explizit genehmigte. Immerhin wies der Ort 1801 sieben Bauernhöfe, zwei Halbbauern, zwei Ganzkötter und 14 Bündel plus elf Einleger auf.

Im Jahr 1804 erbaut David Gilly ein Schloss, das Albrecht von Roon in den 1870ern barockisierend umbauen ließ. Der Pfarrer Brodelten verfasste mit der „Chronik von Gütergotz“ 1874 die erste gedruckte Chronik Brandenburgs. Theodor Fontane besuchte ihn in dem 1826 erbauten Pfarrhaus, wie er in seinen „Wanderungen“ festhielt. Schließlich erwarb 1893 die Stadt Berlin das Rittergut und nutzte es als Kinder-Tuberkulose-Heilstätte, während die Felder für die Verrieselung herhalten mussten.

Im Zuge der Gemanisierung ersetzte die nationalsolzialistische Verwaltung den Ortsnamen Gütergotz mit Güterfelde, um die slawischen Wurzeln zu kappen. Anders als andere Orte erhielt es seinen ursprünglichen Namen bis heute nicht zurück, obschon der erste Bürgermeister nach 1945 den alten Namen und das alte Siegel verwendete. Wichtiger waren den neuen Machthabern die Enteignung des Rittergutes und Neuaufteilung des Landes. Die vehemente Zerstückelung führte dann 1953 zur Gründung einer LPG Typ I, später in Typ III. Schließlich entstand 1960 eine weitere LPG vom Typ I mit zwölf Mitgliedern, die sich 1968 der ersten LPG Typ III anschlossen. Am 1. Januar 2002 wird Güterfelde mit Schenkenhorst und Sputender zu Stahnsdorf eingemeindet. 


1Dorfkirche

Die Dorfkirche stammt mutmaßlich aus dem 13. Jahrhundert. Der sehr regelmäßig  behauene Feldsteinbau erhielt im 14. Jahrhundert dann seinen gemauerten Turm, dem 1806 ein Spitzhelm aufgesetzt wurde. Den Ostgiebel ließ die Gemeinde 1867 hinzufügen und zudem den Chor auf Kirchenschiffbreite erweitern. Daran schließt die 2,3 x 5,45 m große Apsis an. Der Giebel des Chors ist übrigens mit roten Mauersteinen gebaut. Die Empore stammt vermutlich aus dem 18. Jahrhundert.

Zwei Bronzeglocken von 1925 der Firma Franz Schilling & Söhne aus Apolda erklingen im Turm, während die Orgel von 1978  der Firma Schule in Potsdam im Inneren ertönt. Den sechzehnarmige Kronleuchter schenkte Frau von Roon 1873 der Gemeinde. Die Prinzipialstücke Altar, Pult und Taufe aus dem Jahr 1990 sind schlicht gehalten. Seit 2007 wärmt eine elektrische Heizung das Gotteshaus.

Gottesdienst: So 09:30. kirche-gueterfelde.de

Dorfkirche Güterfelde
Dorfkirche aus Feldsteinen.
Gedenkstein für dei Gefallenen des Ersten Weltkrieges
Dorfkirche Güterfelde
Dorfkirche Güterfelde

Schloss Güterfelde
Die rückwärtige Seite des Schlosses.

2Schloss Güterfelde

Das Schloss Güterfelde ließ sich der Leiter der staatlichen Lotterien, August Friedrich Grothe-Buckow (1753–1815) von dem Architekten David Gilly zusammen mit Park und Gutshof errichten. Es fußt auf dem 1793 ausgebrannten Rittergutshaus. Der Schinkel-Schüler richtete darauf Schloss und Park symmetrisch und in einer Achse mit der Dorfkirche aus. Grothe musste jedoch nach Polen fliehen, da er während der französischen Besatzung kollaboriert hatte und des Verrats angeklagt war.

Nach langem Leerstand und verschiedenen Besitzern kam es an den preußischen Kriegsminister Albrecht von Roon (1803–1879), der das dann verwahrloste Anwesen im Stil der Neorenaissance nach dem Vorbild des Schlosses Ferrières der Rothschilds (vor den Toren Paris) renovieren liess.

Kurz danach (1873) verkaufte er es dem Hofbankier der Hohenzollern, Gerson von Bleichröder (1822–1893), dem seinerzeit reichsten Mann Berlins. Dieser ließ den Oberhofgärtner Theodor II. Nietner den Park neu gestalten, wobei sich dieser an die Formensprache Gillys anlehnte.

Gartenplan des Schlosses Güterfelde
Gartenplan des Schlosses in den 1870ern.

Die Stadt Berlin kaufte das ehemalige Rittergut 1893 und brachte darin eine Tuberkulose-Heilstätte unter. Ab 1927 dient es als Stabsquartier der Reichswehr und ab 1933 nutzt die SA-Wachstandarte „Feldherrenhalle“ das Areal als Ausbildungsstätte. Ab 1940 übernimmt die NSDAP das Gebäude. Die Rote Armee bringt 1945–52 bis zur Übergabe an die DDR eine Kommandantur unter. Die ostdeutsche Verwaltung entscheidet sich für die Nutzung als Altersheim, wobei eine Episode des Polizeiruf 110 aus dem Jahr 1955 eben nur eine Episode war. Denn die Seniorenstätte blieb bis 2010.

Das Schloss Güterfelde 1914 als Sanatorium
Das Schloss als Sanatorium im Jahre 1914.
Destillerie des Schlosses Güterfelde
Die ehemalige Destillerie des Schlosses als heutiges Wohnhaus.

Ein zusätzliches Bettenhaus aus dem Jahre 1952 ist stilistisch angepasst realisiert worden. Die Bauakademie hatte es in experimenteller Lehmstampfweise als Vorzeigeprojekt erbaut, als Baustoffe Mangelware waren. Von 2012–2014 hat ein Architekturbüro das nun Chateau de Roon benannte Gebäude sowie den Lehmbau in Eigentumswohnungen umgewandelt. Auch den bis 2020 verwilderten Schlossgarten konnte die Gemeinde sanieren. Die schmiedeeisernen Tore sind nach 1945 verschwunden. 


3Friedhof Güterfelde

Der Friedhof von Güterfelde ist ein kleines Begräbnisareal am südlichen Ortsausgang. Eine kleine Kapelle steht darauf.

Friedhof Güterfelde

Güterfelder Haussee
Zum Angeln, Baden und Chillen: der Güterfelder Haussee.

4Güterfelder Haussee

Der 14,96 große Güterfelde Haussee entstand schon in der Eiszeit. Als recht flacher See (fast auf die gesamte Größe begehbar) eignet er sich insbesondere Badestelle am Ostufer auch für kleine Kinder. Allerdings geschieht dies ohne Aufsicht und auf eigenen Gefahr. Auch mußte die Gemeinde die „Perle der Parforceheide“ 2003 aufwändig sanieren, indem sie ihn ausbaggerte und seitdem immer wieder Grundwasser zuführt, da er keinen eigenen Zufluss hat. Ansonsten droht die Verlandung. Der See ist malerisch mit Bäumen umgeben und mit Schilf umgürtet.

Bischof Benjamin Ursinus (1646–1720), der Friedrich III. salbte und Friedrich den Großen taufte, ließ sich 1696 am Ufer ein Lusthaus bauen, da der Vater von 18 ehelichen Kindern den weltlichen Freuden sehr zugetan war. Dies „Praedium“ genannte Gebäude existiert jedoch nicht mehr. Ein Sandstrand, eine Liegewiese und der Baumbestand mit Schatten machen im Sommer den Aufenthalt für Badegäste sehr angenehm. Zudem bietet ein Kiosk Erfrischungen und auch Toiletten bieten Erleichterung. Nahe Parkplätze sind allerdings begrenzt. Große Teile des Ufers gehören zum Naturschutzgebiet. Deswegen können Pferde die Uferwege nicht nutzten und Hunde sind anzuleinen. Zwei Stege, ebenfalls am Ostufer, ermöglichen das Fischen von Aalen, Barschen, Hechten, Karpfen und verschiedenen Weißfischen. Angelkarten sind auf der Website des Landesanglerverband Brandenburg e.V. erhältlich. lavb.de


5Güterfelder Heide

Die Güterfelder Heide nutzte die Wehrmacht als Truppenübungsplatz. Ab 11.9.1942 war hier das Infanterie-Ersatz-Bataillon Feldherrenhalle (aus der 5. u. 6. Kp. des InfErsBtl 9 Potsdam gebildet) stationiert. Auch war ein kleiner Feldflughafen als Arbeitsstätte des Flughafen Gatow eingerichtet. Auf dem Schießplatzgelände am Priesterweg übten 1936 die Sportschützen.

Die Sowjetarmee und die Nationale Volksarmee sowie DDR-Betriebskampfgruppen als Übungsplatz für Häuserkampf und Fahrschulausbildung. Es war somit der Standortübungsplatz des NVA-MoSchützen-Regiments 2, das in der Kaserne am Güterfelder Damm untergebracht war. Im Jahre 1989 diente der Forst als Verfügungsraum für NVA-Einheiten, um ggf. einen Volksaufstand niederzuschlagen. An den sogenannten Butterbergen gegenüber dem Forsthaus Nudow, also nördlich des Truppenübungsplatzes) verbarg sich das große Munitionslager ML-26, das dem Raketen- und Waffentechnischen Dienst (RWD) unterstand. Danach bildete die Bundeswehr bis 2004 Infanterie aus.

Schließlich wurde die Mauerruinen abgebaut und aufgeforstet, so dass es sich nun um ein schönes Stück Natur handelt, das zum Wandern einlädt.  


6Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde

Der Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde ist nicht zu verwechseln mit dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf. Letzterer liegt nördlich des Südwestkirchhofs und der erstgenannte südlich davon. Ursprünglich legte die Gemeinde Friedenau die Begräbnisstätte 1909 als Waldfriedhof Friedenau in Gütergotz an – aus demselben Grund: Bodenmangel für Begräbnisse.

Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde - Eingang
Der Eingang zum Waldfriedhof.
Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde
Friedhofskapelle von Gustav Werner.

Gemeindebaurat und Architekt Hans Altmann (1871–1965) legte das Wegenetz des Waldfriedhofs nach dem Vorbild Friedenaus an. Dementsprechend liegt die von ihm entworfene Kapelle analog zur Friedenauer Kirche Zum Guten Hirten im Zentrum der Anlage. Dabei ist die Bezeichnung Kapelle geradezu untertrieben: Der rote Klinkerbau auf Kalksteinsockel hat Ausmaße einer Kirche. Altmann entwarf außerdem das Haus des Friedhofwärters, die Brunnen und Sitzbänke. Im Jahre 1914 konnte hier erstmals ein Friedenauer seine letzte Ruhe finden. Allerdings behob die Eingemeindung Friedenaus nach Berlin 1920 und damit die Zugehörigkeit zu Schöneberg den Mangel an Begräbnisplatz.

Der ca. 13 Hektar große Friedhof hieß nun Waldfriedhof Schöneberg, wurde jedoch kaum genutzt. Mit der Verwaltungsreform 1935 zeichnete nun Wilmersdorf verantwortlich und eine Umbenennung in Wilmersdorfer Waldfriedhof Gütergotz (kurz danach Güterfelde) ging damit einher.

Während der Teilung hatten die Güterfelder die Wahl zwischen dem kleinen Friedhof Güterfelde (s.o.) und diesem großen Waldfriedhof. Nach der Wiedervereinigung erfolgte zwar eine Renovierung aller Bauten, Beerdigungen werden jedoch nicht mehr zugelassen.

Die Freunde und Förderer des Filmmuseums Berlin ließen an der Urnengrabstelle (UR 670) Nosferatu-Darstellers Max Schreck (1879–1936) zu dessen 75. Todestag eine Stele errichten. Ein Prunkmausoleum (gegenüber der Kapelle) wünschte sich Kurt Hoffmann, der als Großgrundbesitzer in deutschen Kolonien zu Reichtum gekommen war.

Im Jahr 2018 erhob der Senat Berlin die Ruhestätte des kommunistischen Schauspielers und Opfer des Nationalsozialismus, Hans Otto, zum Ehrengrab. Zudem erinnert ein Obelisk im südwestlichen Winkel des Waldfriedhofs an die hier bestatteten sowjetischen Soldaten und vor allem Zwangsarbeiter, zusammen 1.466 Sowjetbürger. In der nordöstlichen Ecke mahnt ein Denkmal der in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Wewelsburg ermordeten und hier begrabenen 383 Polen und 720 Deutschen.

Russisches Ehrenmal Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde
Das sowjetischen Ehrenmal auf dem Waldfriedhof Gütersfelde.