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Lichtenrade

Mit dem Bahnhaltepunkt entwickelt sich Lichtenrade zu ein Berliner Vorort und am Dorfanger seinen beschaulichen Charakter erhalten. Der Durchfahrtsverkehr läßt diesen leider jedoch liegen und nimmt nur dichte Nachkriegsbebauung wahr.

Aufstrebende Besiedlung nach Bahnhaltepunkt

Beschaulicher Dorfanger und Nachkriegsbesiedelung

Ein Dorf wird zum städtischen Vorort

Mit dem Haltepunkt der Dresdner Bahn 1883 entwickelt sich Lichtenrade zu ein Berliner Vorort. Die Verbindung zum alten Dorfkern, die Bahnhofstraße, ist die Lebenslinie. Der Dorfanger hat jedoch seinen beschaulichen Charakter erhalten.

Karte bis 8km – Sehenswürdigkeiten in Lichtenrade
Um Lichtenrade verteilte Schmuckstücke zu sehen, muss der Besucher die Durchgangsstraßen verlassen.

Obschon Lichtenrade zusammen mit Marienfelde, Mariendorf und Tempelhof den Bezirk Tempelhof (1920–2000) bildete, haben es nicht die Tempelritter gegründet. Stattdessen ging das Dorf 1230 – offenbar aus einer Rodung hervor. Erstmals 1375 im Landbuch Karls IV. erwähnt, stammt die Feldsteinkirche, klassisch auf dem Dorfanger, aus Anfang des 14. Jh. Im 19. Jahrhundert erlebte es ähnlich wie die weiteren südlichen Dörfer Berlins ein allmähliches Aufwachsen: Hatte es um 1800 ca. 110 Einwohner, waren es 1900 ca. 900 und 1939 gar 15.000. 1920 kam es vom Landkreis Teltow nach Groß-Berlin.

Nach und nach wurden die Ackerflächen des Dorfes vor allem mit Einfamilienhäusern bebaut. Der Aufschwung ist unter anderem auf den Haltepunkt der Dresdener Bahn (1883) zurückzuführen. Die Verbindung von Haltepunkt zu altem Dorfkern, die Bahnhofstraße, ist das heutige Zentrum von Lichtenrade. In den 1960ern und 1970er entstanden darüber hinaus mehrere Hochhaussiedlungen.


1Diakonissenhaus Salem

Nach einem Streit im Evangelischen Magdalenenstift Teltow gründete 1904 Oberin Cäcilie Petersen (1860–1935) ihr eigenes Diakonissenhaus Salem (Hohenzollernstr. 15). Ihr schloss sich ca. die Hälfte des vorigen Personal, 28 weitere Schwestern, an. Im Lauf der nächsten drei Jahrzehnte wuchs das Personal auf 680 Mitglieder an. Dem 1905/06 von Reinhold Schober entworfenen Bau (Umbau 1936 u. 1977) folgten weitere Gebäude wie Pfarrhaus, Fürsorgeheim, Dampfwäscherei sowie eine Alten- und Siechendem folgten. Im Dritten Reich wurde das Haus zu einem Treffpunkt der Bekennenden Kirche. Danach diente es als Aufnahmeheim für Kriegsflüchtlinge, wobei rund 400 Schwestern im amerikanischen und 200 im sowjetischen Sektor arbeiteten. Aufgrund der isolierten Lage West- und Ostberlins entschloss sich 1960 die Geschäftsführung, ihren Sitz nach Bad Gandersheim zu verlegen. 1989 veräußerte sie die Liegenschaften in Lichtenrade und in das Mutterhaus zog 1995 die Kita Haus Salem ein.

Diakonissenhaus Salem
Backsteingotik im Berliner Vorort Lichtenrade.

Salavator-Kirche, Lichtenrade

2Salvator-Kirche

Die katholische Salvator-Kirche (Briesingstr. 6) und das Pfarrhaus und das ehemalige Christophorus-Kinderkrankenhaus , entworfen von Bernhard Hertel, wurden 1930–1933 errichtet. Mit Klinkern verblendet handelt es sich um eine zweischiffige Hallenkirche. Der quadratische Turm ist seitlich angesetzt. Erst 1946 wird der Glockenturm in Form eines Zwiebelturms ausgebaut. Das Innere ist dem süddeutschen Barock nachempfunden und die in der Tat barocken Gemälde von (links und rechts des Altarraums) stammen aus dem 17. Jahrhundert. !963 kam eine Orgel von Romanus Seifert & Sohn Hinz. Heilige Messe 11:00. salvator-lichtenrade.de.


3Mälzerei

Die Mälzerei der Schöneberger Schlossbrauerei (Steinstraße 41) mit ihren geschweiften Giebeln und Einfassungen aus hellem Sandstein plus roten Backstein wurde 1898 errichtet und steht seit 1984 unter Denkmalschutz. Bis zur weiteren Bebauung mit Hochhäusern war es mit seinem Schieferdach die weithin sichtbare Landmarke der Gegend. Während der steigende Bierbedarf Ende des 19. Jahrhunderts eine Ausweitung der Brauaktivitäten nötig machte und sich die Brauherren wegen der Geruchsbelästigung für einen verkehrsgünstigen Ort außerhalb Schönebergs entschieden, wurde nach dem Ersten Weltkrieg Getreide rationiert, sodass der Betrieb schon wieder eingestellt werden mußte. Das Hauptgebäude in norddeutscher Neorenaissance wurde als Lagerstätte vermietet. Die Nazis sparten sich die Mietkosten 1933 durch Besetzung, um Lebensmittel zu lagern, was auch in der Zeit des Kalten Krieges für die Senatsreserve fortgesetzt wurde. Nach Übergang in Privatbesitz, staatlicher Förderung und Sanierung wird das Gebäude seit 2021 vielfältig genutzt: Bibliothek, Bürgerzentrum, Suppenküche, Volkshochschule und das Kindermuseum unterm Dach.

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Mälzerei

4Kindermuseum unterm Dach

Das Kindermuseum unterm Dach (Steinstraße 41) im fünften und sechsten Stock der alten Mälzerei Seit 2021 ermuntert die Dauerausstellung „Iss dich schlau! Von Apfel bis Zimt! Kinder, sich zu mit Ernährung zu befassen. Des weiteren bietet das Museum Kreativ-Aktionen und Workshops wie Superkräfte-Yoga mit Sinnesreise und vieles mehr an. +49 30 9 02 77-3788. Mo–Fr 14:00–18:00, Sa/So 10:00–18:00. Eintritt frei. kindermuseum-unterm-dach.berlin.


5Friedhof Lichtenrade

Den Friedhof Lichtenrade (Pulitzer Str. 10–24) legte die evangelische Gemeinde 1906 an, da der Platz um die Dorfkirche für das wachsende Bevölkerung nicht mehr ausreichte. In den 1960ern erweitern umfasst er rund 80.000 qm bewachsen vor allem mit Linden, Ahorn und Fichten. Ein Feld verdient 335 Einzelgräber von Opfern aus Krieg und Gewaltherrschaft der beiden Weltkrieg, darunter auch Juden und Zwangsarbeiter des Außenlagers Sachsenhausen (s.u.). Der Bildhauser Heinrich Mißfeld schuf 1920 das Kriegerdenkmal.

Friedhof Lichtenrade
Kirchhof Lichtenrade – beschaulicher Ort im Zentrum des Vororts. .

Dorfanger Lichtenrade

6Dorfanger Lichtenrade

Den 120 m langen, brutalistischen Bau aus Sichtbeton mit horizontal herausragenden Lüftungsrohren in der Krahmerstraße 6, der eher an ein Kriegsschiff erinnert, entwarf der Architekt Gerd Hänska zusammen mit seiner Frau Magdalena und dem Sohn Thomas 1967–1970.

Dorfanger Lichtenrade, Gedenkstein
Gedenkstein an die Wiedervereinigung.

Dorfkirche Lichtenrade

7 Dorfkirche Lichtenrade

Die Dorfkirche Lichtenrade ersetzte sehr wahrscheinlich einen hölzernen Vorgängerbau. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts mit Feldsteinnen gemauert, brach man 1769 größere Fenster ein, um das Lesen der Gesangbücher zu ermöglichen. Ein hölzerner Dachturm von 1660 wurde 1810 wegen Baufälligkeit abgetragen und erst 1902 durch einen quadratischen Turm ersetzt. Bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg brannte die Kirche bis auf die Umfassungsmauern ab. 1968 erhielt das Gottehaus eine Orgel aus der Werkstatt von Karl Schule. Gottesdienst So 10:00. kirchengemeinde-lichtenrade.de 


Feuerwehrhaus Lichtenrade

8Feuerwehrhaus

Das Feuerwehrhaus (Dorfstr. 41a) entwarf der Architekt Gustav Haufe 1909–10. Es wurde 1926 und 1953/54 teilweise umgebaut. Die Freiwillige Feuerwehr Lichtenrade hatte sich 1906 im Dorfkrug gegründet. Ihnen stand dann ein Spritzenwagen zur Verfügung, der mit den Pferden der Landwirte bespannt wurde. Damit diese den Notruf besser hören konnten, stiftete die Mälzerei eine maschinenbetrieben Sirene anstelle der bisherigen Blashörner. 1926 erhielten die Feuerwehrmänner einen motorbetriebenen Wagen und übernahmen ab 1930 auch Rot-Kreuz-Dienste. Als nach dem Krieg die Einsatzzahlen 200 pro Monat überschritten, wurde die Brandbekämpfer in eine Berufsfeuerwehr umgewandelt. Die zunehmende Professionalisierung erforderte ein neues Gebäude (Domstift 22), nur einen Steinwurf entfernt, in das sie 1986 einzogen. Das alte Feuerwehrhaus beherbergt heute eine Kindertagesstätte.


9Außenstelle des KZ Sachsenhausen

Ein von rund einhundert Außenstellen des Konzentrationslagers Sachsenhausen befand sich im Bornhagenweg 55. Ab 1941 mussten vor allem ca. 500 ukrainische Kriegsgefangene und politisch unliebsame Zwangsarbeit für die umgebende Industrie leisten. Seit 1987 befindet sich dort ein Mahnmal. Zusätzlich zur Außenstelle gab es in Lichtenrade vier weitere Lager, um die 4.000 bis 4.500 Zwangsarbeiter unterzubringen.

Gedenkstätte KZ-Aussenlager Sachsenhause in Lichtenrade
Gedenkkstätte in Lichtenrade
Gedenkstein für das KZ-Aussenlager Sachsenhausen in Lichtenrade
Gedenkkstein in Lichtenrade

10Kirche zu den Heiligen Märtyrern von Afrika

Während ihres Baus 1975–1977 durch Hans Schädel war die Kirche zu den Heiligen Märtyrern von Afrika (6 km; Schwebelstr. 22) als römisch-katholische Kirche angedacht. Schließlich waren die zugezogenen Katholiken sonntags bei der Bonhoeffer-Kirche zu Gast. Bestehend aus einem niedrigen Zentralbau mit einer Kuppel, gruppiert sich das Kirchengestühl kreisförmig um den Altar. Im Altar befindet sich eine Reliquie des Märtyrer Karl Lwanga Als Schutzherrschaft über die Kirche wurden die 22 katholischen ugandischen Pagen gewählt, die ihr König zwischen 1885 und 1887 zerstückeln und verbrennen ließ und die 1964 heilig gesprochen wurden. Nachdem die Kurtaxe Zu den Heiligen Märtyrern von Afrika mit Salvator 2004 fusionierte, wurde 2008 das Gebäude aufgegeben. Heute nutzt eine Kindertagesstätte die Räumlichkeiten. Das dazugehörige, vormalige  Gemeindezentrum von Hermann Jünemann entstand bereits vor der Kirche 1967. Beides zusammen steht als Zeugnis der Nachkriegsmoderne unter Denkmalschutz. 

Kirche zu den Heiligen Märtyrern von Afrika (6 km; Schwebelstr. 22)
Einst Kirche heute Kita.

Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Lichtenrade

11Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

Als Flüchtlingsseelsorge- und Gemeindezentrum plante 1955 die evangelische Gemeinde ihre Dietrich -Bonhoeffer-Kirche (Rackebüller Weg 62). Schließlich kamen seit Kriegsende immer mehr Flüchtlinge und Aussiedler ins westliche Berlin. Demnach sollte auch genug Platz sein für Pfarrhaus, Büro, Schwesternwohnheim mit Behandlungszimmer, Räume für Konfirmandenunterricht sowie Jugend- und Flüchtlingsarbeit.

Trotz des Platzbedarfs entschieden sich die Planer für eingeschossiges Haus, um sich nicht von den umgebenden Einfamilienhäusern im Übermaße abzuheben. Eine Ausnahme bildet der stählerne Glockenturm mit seinen drei Bronzeglocken. Die rechteckig gemauerte Saalkirche wurde 1985 um zwei Seitenschiffe und ein Chor mit Sakristei erweitert. Zudem erhielt sie eine neue Orgel. Mit zwei Manualen, Pedal und zehn Registern der Fa. E.F. Walcker & Cie. Der international bekannte Bildhauer und Künstler Waldemar Otto, ebenfalls ein Kriegsflüchtling aus dem heutigen Polen, schuf Altarkreuz, Leuchter und Taufbecken. Außerdem zeigt ein kupfernes Relief das Abendmahl Jesu. Altarfenster, Taufstein und Bibelstütze kreierte der Berliner Künstler Hans-Joachim Burger 1964. Gottesdienst So 11:00 und jeden ersten Sonntag des Monats Impuls-Gottesdienst 18:00.